Der Kopfstand

Wenn Du glaubst, dass Deine Kinder Bewunderungszwerge sind, hast Du die Rechnung ohne ihren knallharten analytischen Geist gemacht.
Der Kopfstand: Aus dem Leben mit Kindern

Mama muss den Kopfstand lernen. Die Lady beobachtet die sportlichen Ambitionen des Muttertieres.

Am Wochenende hat mich der Ehrgeiz gepackt – ich brauche neue kleine Ziele. Und da ich sportlich nicht gerade auf der Höhe bin, hat es diesmal diesen Lebensbereich erwischt. Ich will bis Jahresende einen Kopfstand machen können. Konnte ich noch nie. Als Kind habe ich den Kopfstand gegen die Wand gemacht, das dann aber auch bleiben lassen, als mir meine Mama Gruselgeschichten über Querschnittlähmungen erzählt hat. Ob die überhaupt etwas mit dem Kopfstandmachen zu tun hatten, weiß ich nicht mehr, aber in meinem Hirn hat sich da eine Synapse gebildet, die es mit ausdauerndem Eifer und vor allem mentaler Stärke auszutricksen gilt. Den Kopfstand zu machen heißt nämlich, keine Angst vorm Überkippen zu haben. Wenn du dir aber einbildest, dass ein Überschlag mit Genickbruch und Querschnittlähmung gleichzusetzen ist, hast du ein Problem.

„Schluss damit!“, denke ich mir also an einem Tag, nach einer ein bisschen mühsamen Woche. „Mentale Stärke! Komm, das kannst du lernen und es geht schneller als zig andere Dinge auf deiner Bucket List.“
Nach dem YouTube-Kurzstudium lege mir also die Isomatte in den Garten und taste mich in kleinsten Schritten an mein Lernziel heran. Nach zwanzig Minuten bin ich so weit, dass ich meine Hände aufstützen und die Knie auf die abgewinkelten Ellenbogen legen kann. Ganz ehrlich: ich freue mir den Arsch ab.
In dem Moment springt die kleine Lady (6) von der Küche kommend durch die Balkontür und steuert auf den Nachbargarten zu. Ich sag: „Hey E.! Schau mal was ich gelernt habe“ sie reißt die Augen erwartungsvoll auf – jetzt muss ja was wahrlich Grandioses kommen, wenn die Mutter sie beim Spielen stört. Ich führe mein Das-erste-Drittel-von-einem-Kopfstand-Kunststück vor. Drehe meinen verkehrt stehenden Kopf zu ihr. Ihre Augen schauen mich immer noch geweitet an. Das Funkeln von gespannter Neugier hat sich in einen Ausdruck gewandelt, der mir scheinbar ein ‚Was? Das war’s jetzt schon?‘ vermitteln will.

Mein Begeisterung forderndes „Schau!“ wird mit angehobenen Schultern und leicht mitleidigem „Ja, aber das kann ich doch auch schon alles!“ abgeschmettert, während sie ihren Sprint in den Nebengarten fortsetzt. Leicht verdutzt plumpse ich wieder auf meine Füße, der Kopf hochrot. Am Ribiselstrauch macht sie nochmal Halt, dreht den Kopf über die Schulter und sagt mir kopfnickend: „Aber es is‘ schön, dass du’s versucht hast.“

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