Kofferkommunismus

Wenn man feststellt, dass einem nichts gehört, muss man zu drastischen Mitteln greifen, um ehestmöglich an Besitz zu kommen. Kommunistische Zustände im Hause Fischer.
Ist das dein Koffer oder meiner?

Ich bin eine Erwachsene zweiter Klasse.

Es geht nicht darum, was ich tue oder nicht, was ich kann oder besser lassen sollte, sondern schlichtweg darum, was ich habe … oder eben nicht. „Besitz“, werden manche aufschreien, „ist doch wirklich nichts, worüber man sich definiert!“ Tu ich auch nicht. Jedenfalls nicht per se. Aber man wird doch zugeben müssen, dass man als erwachsener Mensch mit hoher Reisebereitschaft (und durchschnittlicher Durchführungsquote) in der Regel einen Koffer besitzt. Vielleicht sogar ein ganzes Set.

Finde ich zumindest.

Und ich dachte ja auch, dass ich einen Koffer habe, doch als ich selbigen letztens für die Heimreise packte, kam mein Schwager bei der Zimmertüre herein und zeigte grinsend auf die Reisetasche: „Die kenn ich! Das ist meiner.“ Durch die peinliche Berührtheit entsprach mein Teint wohl nicht mehr länger dem der noblen Blässe.

Dann schaute ich auf die beiden anderen Taschen und musste feststellen – die gehören mir alle nicht. Die Reisetasche ist eine mehr oder weniger freiwillige Dauerleihgabe meiner Eltern und den silberfarbenen Hartschalenkoffer, an dem kein einziger Henkel mehr fest ist, würde ich jetzt nicht gerade als MEINEN bezeichnen. Der ist eher so etwas wie eine Zwangsaneignung.

Kurzer Exkurs

… man stelle sich vor, auf dreiwöchiger US-Tour mit der Band des Mannes zu sein (oder sich zu anderem Zwecke auf ähnlich langer Reise zu befinden) und am Ende zwei Kilo Übergepäck zu haben. Zwei Kilo sind wahrlich nicht viel, wenn man bedenkt, wie viel Widerstand man da bereits gegen etwaige Lockangebote aufbringen musste. Das sieht die Dame am Check-in-Schalter, die in ihrem früheren Berufsleben wohl die gefürchtetste Vollstreckerin eines Inkassobüros gewesen sein muss, allerdings anders. Sie möchte pro Kilo 80 US-Dollar von uns haben. 160 Dollar also für umgerechnet ein paar Schuhe. Zwei Kilo … vielleicht also auch nur ein Paar Schuhe (meines Mannes). Also beginnen wir, den Koffer nach etwas zu durchsuchen, wovon wir uns zu trennen bereit sind. Und als die Dame uns 10 Minuten zugesehen und offenbar verstanden hat, dass es bei uns keinen Cent für Übergepäck zu ergattern gibt, beugt sie sich aus ihrem Check-in-Verlies und säuselt, dass sie gerade gesehen hat, dass wir noch einen Koffer Freigepäck hätten. Also gehen wir in das einzige Geschäft in unserem Terminal, das Koffer führt, und besorgen uns um 150 freakin‘ Dollar einen Koffer.

Das ist also sicher nicht MEIN Koffer. Das ist mein Stiefkind.

Wieder zu Hause angekommen, stelle ich fest: Auch hier gehört mir keine Tasche, kein Koffer. Der Grüffelo-Trunky gehört meiner Tochter, die Reisetaschen meinen Eltern. Nur die blauen Ikea-Säcke habe ich herbeigeschafft.

Also verreise ich zukünftig mit denen oder ich bestehe weiterhin auf Gemeineigentum in Sachen Koffer.

Die DIY-Bloggerin, SEO-Texterin und Digital Content Creatorin Veronika Fischer aus Wien sagt: "Bis bald."

Lesetipps

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