EHE Du Dich versiehst

Was Dir über die Ehe keiner sagt und trotzdem jeden irgendwann betrifft. Gedanken zu Scheidung, Trennung und Wünschen.
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Sternschnuppenschauer der Perseiden. Verpasst. Um einen Tag. Wie fast jedes Jahr. [insert: Affen-Emoji, das sich die Augen zuhält]

Aber eine einzelne Sternschnuppe habe ich gestern über den Nachthimmel stürzen gesehen, als ich mit einer Freundin auf ihrer der Terrasse saß, und meinen Wunsch sofort still in die Welt hinausgeschickt. Das Universum und ich, verbunden im Geheimnis. Es ist nicht das erste Mal, dass ich genau diesen Wunsch in meinen Gedanken ausgesprochen habe, wohl wissend, dass die Erfüllung nicht an einer Sternschnuppe hängt, sondern viel mehr, dass die Klarheit und das Eingeständnis ausformulierter Wünsche, die Kraft eines positiven Mindsets und harte Arbeit, kombiniert mit dem, was je nach Prägung als göttliche Fügung/Glück/Schicksal bezeichnet wird, der Schlüssel zur Erfüllung ebendieser Wünsche sind.

Ich frage mich, welche Wünsche in den letzten Tagen, dem Abendhimmel zugewandt, ausgesprochen wurden. Wie viele verschiedene wohl an ein und derselben Sternschnuppe hängen?

Ich habe einen großen Wunsch ausgesprochen. Nicht zum ersten Mal und bestimmt nicht zum letzten Mal. Aber den Falschen. Meiner nicht-abergläubischen (aber romantischen – deshalb auch die Sternschnuppenwünscherei) Haltung sei Dank, kann ich auch verraten, was der Wunsch ist, ohne Gefahr zu laufen, dass ich ihn in die ewige Unerfüllbarkeit verdamme. Einer meiner tiefen Wünsche ist, dass Löven/My Glorious [Anm.: zwei von Ehemanns Musikprojekten] der musikalische Durchbruch gelingt. Nicht um der Berühmtheit Willen, sondern first and foremost damit alle Beteiligten von der Musik leben und das tun können, wofür ihr Herz schlägt. Ich sehe sie seit so vielen Jahren, wie sie tagtäglich hart, hart, hart an dem arbeiten, was sie lieben. Wie sie persönliche Opfer bringen und kreative Energie, Zeit und Geld investieren. Nicht erfolglos und definitiv nicht ungehört, aber nicht so, dass es drei Familien erhält. Ich sehe sie gleichzeitig an dem arbeiten, was sie tun, um zu leben und wünsche mir so sehnsüchtig eine Verschmelzung, in der Hoffnung, dass sich in mancherlei Hinsicht der Spagat verkleinert. Mit der Erfüllung eines großen Wunsches, hoffe ich mir insgeheim die Auflösung vieler im Wunsch-Business vergleichsweise klein erscheinender Wünsche.

Es ist der falsche Wunsch. Wir saßen noch lange auf der Terrasse meiner Freundin. Plauderten über die Urlaube. Die Kinder. Die Männer. Die Ärgernisse das Alltags. Die Trennungen und Scheidungen, die unsere für sicher geglaubte Insel in den letzten Jahren wie eine Schockwelle erreicht haben. Sechs in zwei Jahren. Zwei davon gefühlt sehr nahe – und gleichzeitig Lichtjahre entfernt, weil wir bis zur vollendeten Tatsache nichts von dem wussten, was sich davor abgespielt haben musste. In den Hoch-Zeiten vereint, in der Nacht alleine.
Wenn der Traum von Freunden zerbricht, trauert man. Mit ihnen um ihren Verlust und im Stillen auch, um die eigenen Zukunftsvorstellungen, die man mit den beiden hatte, die sich von einem Tag auf den anderen in Rauch und Asche auflösen.

Und wenn man ganz leise ist und im Licht der Nacht ohne Perseidenschauer am Strand dieser sicheren Insel steht und in die Dunkelheit schaut, kommt die Angst. Und man erkennt, dass die Insel in Wahrheit nur ein als Idyll getarntes Boot ist.
Paare sitzen alle in einem. Nicht demselben, aber Booten von gleicher Bauweise – ähnlich gut oder schlecht. Wir sind Seefahrer, die das Meer herausfordern, ohne nass werden zu wollen. Die Boote schwimmen nebeneinander – in Sicht- aber nicht in Hörweite. Man erkennt meist nicht, ob die anderen beherzt rudern, sich treiben lassen oder ob sie in einem Strudel sind. Man sieht nur den eigenen Kahn, dessen Steuerung oft bockt.
Die Seereise beginnen die meisten schwungvoll und abenteuerhungrig, aber so eine Überfahrt ohne Zwischenstopps ist mühsam. Egal wie ruhig die See manchmal scheint. Den sicheren Hafen gibt es nicht und auch Erfahrung hilft kaum, wenn die Wellen das Boot mal wieder in gefährliche Schieflage bringen.

Ganz ehrlich. Ich habe Angst zu kentern. Und ich habe es ausgesprochen. Sie hat es ausgesprochen. Eine andere Freundin hat es vor einigen Wochen mir gegenüber ausgesprochen. Wir haben Angst um unser eigenes Boot und das der Anderen.

“Warum redet keiner darüber?”

Wie im Vakuum hing die Frage zwischen uns, sog die Luft zum Atmen weg.

Über echtes Anstehen in der Partnerschaft redet keiner.

Die Angst über das eigene (im Vergleich mit anderen sicherlich schlimmere) Versagen und die sich rechtfertigende Feststellung, dass die eigenen Paarprobleme von anderen nicht verstanden werden können, weil sie größer, tiefschürfender oder verwerflicher sind, halten sich dabei die Waage, die es uns (Freunden) verbietet, ehrlich über das zu reden, was einen Keil zwischen uns (als Paar(e)) treibt. Die Angst, durch das Aussprechen einen Elefanten aus einer Mücke zu machen, hält uns genauso zurück wie das Missverständnis, dass wir unseren Partner und die Partnerschaft damit schützen, nie ein schlechtes Wort über sie zu verlieren.

Wir stehen nicht übereinander, sondern nebeneinander. Es geht nicht um die, die diesen Trennungsweg gegangen sind. Es geht nicht um Beurteilung, es geht nicht um das, was verloren ist, sondern viel mehr um das, was gewonnen werden kann, wenn man sich und anderen auch hin und wieder eingesteht, dass man Angst hat. Ehe, Beziehung und Partnerschaft ist verdammt harte Arbeit. Und besonders in dem christlich geprägten Hintergrund, aus dem ich – so wie viele unserer Freunde – komme, schickt es sich noch immer nicht, das auch abseits von kryptischen Floskeln wie der eben verwendeten “Ehe […] ist […] harte Arbeit” zu sagen, weil man sich erschrocken, ob der Ehrlichkeit, die Hand vor den Mund hält und lieber die Probleme der Anderen als Fallbeispiel heranzieht, als selbst die Hosen runterzulassen. Weil es weniger weh tut. Weil man es allgemein halten kann, ohne konkret werden zu müssen. Und nein, ich glaube nicht, dass ich das Thema verfehle, wenn ich an dieser Stelle einen Punkt mache. Das hier ist immer noch das Internet.
Nicht alles ist für aller Augen und Ohren bestimmt. Aber ihr tut Euch und Euren Freunden den größten Liebesdienst, wenn Ihr Euch im Vertrauen eingesteht, dass es manchmal auch echt beschissen rennt. Mit allen dazugehörigen Drohungen, die man im Streit ausstößt, denn die ausgesprochene Drohung ist genauso nah an der Folgehandlung, wie der über dem Flug einer Sternschnuppe eingestandene und so klein wirkende Wunsch “mit Dir alt werden” und an dem festzuhalten, was man sich erarbeitet hat.

*Ich hätte mich vor Jahren nicht getraut, das zu schreiben, weil ich vor den ausgelösten Spekulationen Angst gehabt hätte. Heute weiß ich, dass ich keine Angst vor denen haben muss, die “erschrocken, ob der Ehrlichkeit, die Hand vor den Mund” halten, weil ich den Wind derer im Rücken spüre, die mit mir gemeinsam ehrlich im Umgang mit ihrer Angst, aber auch der Hoffnung, bei der Überfahrt sind.

 

Foto: pixabay | pexels

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2 Antworten

  1. Ein wirklich toller Text !!!!
    Der Vergleich mit den Booten ist super.
    Ich habe mich in dem Satz “…dass wir unseren Partner und die Partnerschaft damit schützen, nie ein schlechtes Wort über sie zu verlieren.”, wiedergefunden.
    Ich will ja nicht dass jemand ein mieses Bild von ihm oder unserer Ehe hat.
    Es ist schwer über Eheprobleme zu sprechen aber JEDER hat sie. Der eine mehr, der andre weniger. Und wenn man sich liebt, ist der Kampf um die Ehe das Richtige.

    1. Liebe Katharina,
      danke für Deine Nachricht.
      Ich versteh Dich sehr gut! Man hat einfach Angst, dass andere sich ein falsches Bild machen, urteilen oder ihre Energie dafür ver(sch)wenden, sich das Maul über die Shortcomings in meiner Beziehung zu zerreißen (weil es ganz einfach auch leichter ist, über die Probleme anderer zu sprechen als über die eigenen).
      Je mehr man sich bewusst macht, dass alle Probleme oder Herausforderungen haben, desto leichter wird es, darüber zu sprechen. Die Herausforderung ist es, den Menschen oder das befreundete Paar zu finden, mit dem man darüber spricht – am besten wechselseitig, weil dann kein Ungleichgewicht entsteht (“Bei denen rennt es super, bei uns nicht und die therapieren uns jetzt …”), denn es soll ja eine Freundschaft auf Augenhöhe bleiben. Bei guten Freunden immer wieder reinzuschauen und sie auch reinschauen zu lassen, rückt vieles in Perspektive.

      Wenn es niemanden im Umfeld gibt oder das Thema, über das man immer wieder stolpert eine Nummer zu groß/zu privat für den Esstisch mit Freunden ist, tut es auch gut, einfach mal gemeinsam zur Gesprächstherapie zu gehen. Und jetzt kommt’s: Viele glauben, dass man dort therapiert wird oder Probleme sich in Luft auflösen. Für den einen ist das eine Angst (weil man fürchtet, vor Gericht zu stehen), für den anderen eine Erwartung (“Jetzt haben wir darüber geredet, jetzt könnte er/sie das verstehen und das Problem lösen/sich das Problem endlich von selbst lösen”). Mit beidem liegt man falsch.
      Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man sich in so einem Setting respektvoll und mit weit weniger Emotion als im Streit Dinge sagen kann, die zu Hause schnell in ein Fahrwasser führen würden, aus dem man nicht mehr herauskommt. Dann gibt’s Sturheit und Streit und man kommt aus der Grube nicht mehr raus.
      Ist ein unparteiischer Dritter dabei sind beide Seiten viel respektvoller im Umgang miteinander und gehen das Problem von Anfang an objektiver an. Außerdem öffnet man damit die Türe und kann dieses begonnene Gespräch hoffentlich auch so mit nach Hause nehmen und weiterführen, bis jeder seine Seite ausreichend dargestellt empfindet.

      … und manche Probleme bleiben. Vielleicht können wir aber an unserer Haltung dazu arbeiten.

      Ich wünsch Dir alles Liebe!

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