Interview mit blogheim.at-Gründer Jürgen Koller

VlikeVeronika hat den Gründer des aussagekräftigsten Blogranking in Österreich nach der Verkündung des Aus für blogheim.at zum Interview gebeten.
Interview mit Jürgen Koller zum Ende des Blogheimat-Rankings.

Vor sieben Jahren hat Jürgen Koller das einzige österreichische Blogranking auf blogheim.at als Ein-Mann-Projekt aufgezogen und seither im Alleingang betrieben. Jeden Monat wurden hier die österreichischen Blogs nach ihren Aufrufzahlen gerankt – ein tolles, kostenloses Werkzeug für Unternehmen und Werbepartner:innen und ein guter Richtwert für die Blogszene selbst. Im September 2022 hat Jürgen Koller das Aus für die Plattform verkündet: „Mir leider nicht mehr möglich, dem Projekt die nötige Aufmerksamkeit und Zeit zu widmen.“ VlikeVeronika hat ihn zum Interview eingeladen.

Jürgen, erzähl bitte kurz, was dein Ziel mit der Plattform blogheim.at war und was dich dazu bewogen hat, das Projekt vor sieben Jahren als One-Man-Show aufzubauen?

Ich hatte auf meiner persönlichen Website Kollermedia.at bereits vor etwa 10 Jahren eine per Hand zusammengetragene Liste an Blogs, die immer größer wurde und sehr gut besucht war. Aus Gründen der Übersicht habe ich dem Projekt dann eine eigene Plattform spendiert, auch um mehr Statistiken einbauen zu können und die Blogs und Blogger besser zu präsentieren. Das ursprüngliche Ziel war also, mehr Übersicht in die österreichische Bloglandschaft zu bringen. Danach war das Ziel schon auch, die Plattform irgendwie zu monetarisieren.

Hast du dein Ziel in den vergangenen sieben Jahren erreicht?

Das Ziel der Übersicht definitiv. Das Ziel der Monetarisierung nicht.

Am 16. September 2022 hast du auf Social Media verkündet, dass du das 2015 von dir ins Leben gerufene Projekt blogheim.at beendest. Über die letzten Jahre hast du immer wieder über die Zukunft der Plattform nachgedacht. Was hat dich schlussendlich zu der Entscheidung geführt, die du jetzt getroffen hast?

Irgendwie war die Luft aus dem Projekt draußen. Es gab und gäbe so viele Möglichkeiten zur Erweiterung, aber wenn man angestellt und selbstständig ist, auch noch an anderen Projekten arbeitet, wird die Zeit irgendwann zu knapp.

LeseTipp

Das Programmieren, Betreiben und Betreuen von blogheim.at hat nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld gekostet. Die Hosting-Kosten hast du selbst getragen, man konnte dich mit „Buy me a coffee“ unterstützen. Hattest du je konkrete Pläne, die Plattform mehr zu monetarisieren?

Die zigtausend Stunden der Entwicklung darf ich nicht in einen Stundensatz umrechnen, aber es war ein schönes Portal, das einigen Menschen Freude bereitet hat, darum war es das alles irgendwie wert. Die Serverkosten habe ich in den ersten fünf Jahre selbst getragen, die letzten beiden Jahre hat mir der österreichische Provider Easyname einen tollen Dedicated Server zur Verfügung gestellt.

Pläne zur Monetarisierung gab es immer. Die Blogkampagnen waren der erste große Versuch, allerdings scheiterte dies an meinen Fähigkeiten, Firmen zu akquirieren. Ich bin ein „Macher“, aber kein Verkäufer. Was immer gern angenommen wurde, war die technische „Wordpress-Hilfe“ im Shop. Sonst gab es noch viele weitere Ideen, wie die Erweiterung nach Deutschland, den Aufbau eines großen Werbenetzwerks, das Anbieten von Workshops. Das alles ist aber nebenbei allein kaum machbar.

Hätte jeder eingetragene Blog monatlich 1 Euro bezahlt, wäre schon eine vernünftige Aufwandsentschädigung für dich rausgekommen. Hätte das etwas an deiner Entscheidung geändert? Oder glaubst du, dass das nicht funktioniert hätte – fehlt es an Wertschätzung in dieser noch jungen Branche?

Die Überlegung von 1 € monatlich wurde mir öfter vorgeschlagen. Ich wollte aber immer, dass die Plattform für Blogger gratis bleibt. Glaube auch nicht, dass es viele gezahlt hätten bzw. wenn dann nur noch 50 % der Blogs auf der Plattform vertreten gewesen wären, hätte das dem ursprünglichen Sinn der Plattform widersprochen. Die Einschätzung, der fehlenden Wertschätzung der Branche, teile ich aber vollkommen.

Noch gibst du möglichen Interessent:innen Zeit, sich bis November mit Übernahmeangeboten bei dir zu melden. Ein paar gibt es bereits. Darf die österreichische Blogszene hoffen?

Ich warte noch ab, welche Nachrichten bis November eintreffen. Es muss schon ein konkretes Angebot mit einem gewissen Plan dahinter sein. Wenn das Projekt nur halbherzig oder mit falscher Absicht weitergeführt wird, werde ich es nicht abgeben.

Sollte es eine Übernahme geben, was wünscht du dir für diese Plattform in der Zukunft?

Dass die Plattform auf Augenhöhe weitergeführt wird, einen positiven Effekt für die Blogger hat und man im Zweifelsfall immer auf der Seite der Blogger steht. Vor allem, dass die gesammelten Daten nicht irgendwie verkauft oder missbraucht werden.

Wenn es zu keiner Übernahme kommt, tut es dir leid um das Projekt oder ist der innere Abschiedsprozess schon so weit, dass du jetzt auch gut den Schritt weg davon machen kannst?

Wenn man in etwas so unfassbar viel Zeit investiert, fällt es schon schwer es zu beenden, aber so ist das Leben. Wenn etwas nicht funktioniert, muss man es auch irgendwann gut sein lassen. Es war jedenfalls schön und bereichernd, so viele Menschen durch das Projekt Blogheim.at kennenlernen zu dürfen – sei es persönlich bei Events, Meetings oder den durchgeführten Blogger-Treffen oder auch online per E-Mail/WhatsApp und Co. Es war also definitiv nicht umsonst.

Du hast die Szene der Blogger:innen, Influencer:innen und Content Creator:innen so genau beobachtet, wie sonst kaum jemand, und hast durch das Tracking-Pixel Einblick in Statistiken gehabt, die sonst gut gehütete Blogger:innen-Geheimnisse sind. Was nimmst du aus all dem als Learning für dich mit?

Ich bin bis heute überrascht, welche enorme Reichweite die österreichischen Blogger haben – das wird meines Erachtens bis heute unterschätzt. Ansonsten halte ich viele Blogger nach wie vor für echte Experten auf ihren Gebieten, da sie so viel Zeit mit ihrem Thema verbringen wie kaum jemand anderer. Durch Instagram/Tiktok & Co. haben es die Blogs in den letzten Jahren aber auch nicht einfach, da die Aufmerksamkeitspanne immer weiter zurückgeht und immer kürzere Happen an Infos konsumiert werden. Ich bin aber davon überzeugt, dass sich das auch irgendwann wieder ändern wird.

Mit dem Ende von blogheim.at gewinnst du wieder wertvolle Zeit, die du in andere Projekte stecken wirst. Was steht bei dir hoch oben auf der Prioritätenliste?

Ich habe vor kurzem die gemeinnützige Plattform hilfeimort.org gegründet. Allerdings ist die Zielgruppe mit Gemeinden/Politiker noch um einiges schwieriger als jene der Blogger und Agenturen. Mal sehen, ob etwas daraus wird, sonst fällt mir bestimmt bald wieder etwas Neues ein.

Jürgen Koller gründete 2015 die Ranking-Plattform Blogheimat und betrieb sie sieben Jahre lang im Alleingang.
Die Ideen für zukünftige Projekte gehen dem blogheim.at-Gründer Jürgen Koller auch weiterhin nicht aus. Foto: beigestellt

Danke Jürgen, dass du dir Zeit genommen hast, uns noch ein paar brennende Fragen zu beantworten! Ich habe es dir auch schon persönlich geschrieben, aber ich möchte es hier nochmal wiederholen: Vielen Dank für deine Zeit, deine Energie und deine Vision, die du in die Arbeit an blogheim.at gesteckt hast. Ich habe vielen Monatsersten entgegengefiebert, um die Zahlen, die ich in meinen Statistiken sehe, in ein Verhältnis mit anderen Blogs gesetzt zu sehen. Das blogheim.at-Ranking war für mich ein unheimlich wichtiger Kompass und auch ein Ansporn.
Das Aus kam für mein Empfinden schnell, aber nicht unerwartet, und ich stelle fest, dass ich mich erst damit arrangieren muss, dass die Proforma-Halteschnur wegfällt.
Wenn ich der Entscheidung, das Projekt jetzt zu beenden, einen einzigen positive spin abgewinnen kann, dann ist es der, dass du die Entscheidung zufällig genau in dem Monat getroffen hast, an dem VlikeVeronika an seiner eignen persönlichen Spitze ist. Man sagt, man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist. Dass du den Stecker in dem Moment ziehst, indem die Blogaufrufe mir eine Platzierung bringen, die ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht gesetzt habe, ist ein wunderbares Abschiedsgeschenk. Danke Jürgen für dein siebenjähriges Engagement.

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